Nachhaltigkeitsbericht 2020/2021
Und ja, blickt man zurück auf die vielen Veranstaltungen, Online-Workshops, Zeitungsartikel – nicht nur in den Fachmedien, auch rund um die Bundestagswahl im Herbst 21 – wird deutlich, welche wichtige Rolle der Finanzmarkt bei der großen Transformation unserer Wirtschaft spielen kann. Für den Umbau einer ressourceneffizienten und CO2-armen Wirtschaft und Infrastruktur werden Billionen an Euro gebraucht, die nicht alleine die Staaten aufbringen können. Dafür braucht es auch privates Kapital, vor allem von institutionellen Investor:innen, wie Versicherungen, Pensionskassen, Banken und Stiftungen. Dieses Lied singen die Hannoverschen Kassen schon seit Jahren, und so langsam findet es Gehör. Und die Zeit für den Umbau drängt: Die Überflutungsbilder vom Ahrtal oder die brennenden Wälder in Griechenland stecken uns noch in den Knochen. Die Hannoverschen Kassen haben an diesen Themen im vergangenen Jahr mit viel Energie weiter gearbeitet.
Unser Nachhaltigkeitskonzept ist ausgezeichnet!
Externe Wertschätzung haben wir gleich zu Beginn des Jahres erfahren, als wir den ESG Award der Pensionsakademie verliehen bekommen haben. Die Jury des Preises hat explizit hervorgehoben, dass sie unseren engagierten Ansatz, getragen durch die Mitgliedsunternehmen und ganz ohne regulatorischen Druck, besonders beeindruckend findet. Vor allem als „nur" mittelgroße Pensionskasse würden die Hannoverschen Kassen deutlich machen, wieviel Spielraum es beim nachhaltigen Investieren gibt, wenn man es denn will.
Dieser Preis war Bestätigung und Motivation zugleich für uns, unsere Strategie im Bereich der Kapitalanlage weiter voranzutreiben: weniger Investitionen in Bankanleihen ohne direkten Impact, mehr Investments in direkte Projekte mit Bezug zu den Sustainable Development Goals (SDGs). Dazu haben wir zwei weitere Erneuerbare-Energien-Fonds gekauft, die Projekte im Bereich der Wasserkraft-, Wind- und Solarenergie in Europa realisieren. Die ersten Ausschüttungen und Projektberichte sind sehr positiv.
Außerdem ist das Studentenwohnheim in Wolfenbüttel fertig gestellt und bezogen worden. Aufgrund der Corona-Pandemie hat es sich erst zum Wintersemester richtig gefüllt, aber nun freuen wir uns, so schöne Appartements mit bezahlbaren Warmmieten direkt an der Hochschule für die Studierenden anbieten zu können. Und das alles im KfW 40-Standard.
Darüber hinaus haben wir weitere Unternehmensanleihen gekauft und zwar von Mayr-Melnhof, einem österreichischen Verpackungs- und Kartonagenproduzenten, von SNCF, einem französischen Eisenbahnunternehmen und von AT&T, einem amerikanischen Mobilfunkunternehmen. Weitere Details zu den genauen Käufen und Verkäufen, zur Zusammensetzung des Portfolios, den genauen Anlagekriterien und zu den besonderen Herausforderungen rund um die nachhaltige Kapitalanlage einer Pensionskasse finden Sie in unserem 4. Transparenz- und Investitionsbericht (www.hannoversche-kassen.de).
Langsam machen sich diese strategischen Akzente auch in Verschiebungen bei unserem Kapitalanlagebestand bemerkbar, z.B. in der Erhöhung der Aktienquote von 2 % auf 4 % sowie in der Erhöhung der Unternehmensanleihen von 6 % auf 9 %, jeweils im Vergleich zum Vorjahr.
Außerdem hat sich unser internes Nachhaltigkeitsrating aller Anlagen verbessert, insbesondere in der Stufe 1 der Vorreiter von 2 % auf 5,7 % .
Internes Nachhaltigkeitsrating aller Anlagen
1 = Vorreiter: 5,7 %
2 = positiv: 67,5 %
3 = neutral: 25,5 %
4 = negativ: 1,3 %
Kapitalanlagebestand Hannoversche Kassen,
Stand 31.07.2021
Bilanzsumme: 477 Mio. EUR
Damit die internen Prozesse schlanker und effizienter laufen und wir außerdem unseren vielfältigen Berichtspflichten an die BaFin und europäische Aufsichtsbehörden gewissenhaft nachkommen, haben wir in 2021 in ein neues Kapitalanlageverwaltungsprogramm namens KAVIA investiert. Nach den anfänglichen Mühen, alle Daten und Zahlen einzupflegen, hoffen wir bald auf Effizienzgewinne und Entlastungen bei der täglichen Arbeit.
Studentenwohnheim Wolfenbüttel Tesla Windpark 2, Norwegen
Wasserkrafwerk in Sagres, Portugal Solaranlage in Portugal
Nachhaltigkeitsrat
Der Nachhaltigkeitsrat hat im Jahr 2021 zwei Mal getagt, im Frühjahr online und im Herbst in Präsenz in Hannover. Unser Nachhaltigkeitsrat besteht aus vier externen Expert:innen, die mit Sachverstand und ihrer spezifischen Expertise für uns strategische Sparringspartner sind. Dies sind: Katrin Falbe (Geschäftsführerin Freie Waldorfschule Kleinmachnow), Karin Kellner (ksw Architekten), Christoph Dörsch (Geschäftsführer Bund der Freien Waldorfschulen) sowie Thomas Goldfuß (Nachhaltigkeitsexperte). Auf der Frühjahrssitzung haben wir u.a. die Anlagekriterien eines weiteren Nachhaltigkeitsfonds diskutiert, den wir dann im Laufe des Jahres auch erworben haben. Auf der Herbstsitzung stand neben einem Überblick über die EU-Offenlegungsverordnung und die Taxonomie vor allem eine Diskussion zum Thema Klimaneutralität auf der Agenda. Sollen auch wir auf den Zug aufspringen und in unserem Geschäftsbetrieb klimaneutral werden und dazu die noch vorhandenen CO2-Emissionen kompensieren? Nach intensiver Debatte mit dem Nachhaltigkeitsrat haben wir uns entschlossen, die Anstrengungen gegen den Klimawandel durch unseren größten Hebel – die Kapitalanlage – zu verstärken, ebenso wie die internen Anstrengungen auszubauen. Dazu gehören die Reduzierung der Bürofläche, weniger Ressourceneinsatz im Büro, umweltfreundliche Anreise zum Arbeitsplatz und Ausbau der Digitalisierung. Damit wollen wir unseren messbaren Beitrag leisten und weniger Marketing für das oftmals schillernde Schlagwort der Klimaneutralität betreiben. Der größte Ansatzpunkt der Hannoverschen Kassen, Einfluss auf den CO2-Impact zu nehmen, liegt in der Ausrichtung der Kapitalanlage. Da soll die Energie hinfließen und unsere Möglichkeiten im Geschäftsbetrieb verfolgen wir ohnehin – auch ohne Label – weiter.
Transparenz und Offenlegung
Die EU-Offenlegungsverordnung ist zum 10. März 2021 in Kraft getreten und hat nun alle Finanzinstitute dazu verpflichtet, offen zu legen, ob sie ESG-Kriterien bei ihren Investitionen berücksichtigen, welche finanziellen Risiken daraus erwachsen und ob zum Beispiel die Vergütung des Vorstands an der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet ist. Für uns ist die Offenlegungsverordnung eine normale Hausaufgabe, der wir gerne nachkommen. In unserem Transparenzbericht gehen wir sogar mit der kompletten Veröffentlichung unseres Portfolios darüber hinaus.
Vorbild und Anstoß sein
Durch unsere Pionierfunktion und auch durch eine zunehmende Bekanntheit der Hannoverschen Kassen sind wir gerade im vergangenen Jahr oft angefragt worden, um vor Fachgremien Input und Inspiration zu liefern. Warum sollten sich Finanzinstitute pro-aktiv mit Fragen der Transformation und Nachhaltigkeit auseinander setzen? Was genau erwarten die Stakeholder von einer zukunftsfähigen Bank? Und was ist von politischer Seite aus in den nächsten Jahren zu erwarten? Silke Stremlau, Vorständin der Hannoverschen Kassen und zugleich stellvertretende Vorsitzende des Sustainable Finance Beirates der Bundesregierung, hat hier in verschiedenen Formaten Rede und Antwort gestanden; sei es bei der Sparkassenakademie Dortmund, bei der Bank für Sozialwirtschaft, der Volksbank Dreieich oder beim Verein für ethisch-nachhaltige Geldanlage VENGA e.V. und weiteren. Viele Banken, die sich bisher nicht mit Fragen einer nachhaltigen Kapitalanlage oder eines Risikomanagements zu Klimarisiken beschäftigt haben, sind zur Zeit sehr verunsichert und haben viele Fragen, was aus Brüssel an Regulierungsvorhaben, aber auch durch Druck aus der Gesellschaft, auf sie zukommt. Hier können wir wichtige Impulse liefern und damit ganz konkret – auch in anderen Organisationen – viel bewegen im Hinblick auf die anstehende Transformation.
Silke Stremlau