Wer mit dem Herzen sieht, wird die Zukunft sehen
Herzlich willkommen im Jahr 2023! Mit einer Mischung aus Sorge, Tatendrang und Hoffnung schaue ich auf diesen neuen Zeitabschnitt. In den letzten drei Jahren gab es gefühlt kaum Zeit für eine Art Normalität. Wir hatten vieles zu bewältigen, mussten lernen, Distanz zu wahren und gleichzeitig Wärme zu schenken, Anderen zu helfen, ohne unsere eigene Gesundheit zu vergessen, ökonomische Abstriche zu machen und dabei an Lebensqualität zu gewinnen, indem wir uns mit dem Wohl der Anderen verbinden. Meiner sorgenvollen Aufmerksamkeit entzog sich dabei zu oft der positive Blick auf die Dinge. Die Bewegung für ein neues Normal der sozial-ökologischen Nachhaltigkeit hat sich weiterentwickelt. Es regt sich Widerstand gegen ein „Weiter so". Wir entdecken die Solidarität wieder. Es sind nicht die Lautesten, die den Ton angeben, es sind all jene, die uns zusammenhalten. Manches kam ins Wanken, manches müssen wir wieder aufbauen, vieles wuchs zusammen und wird uns Halt geben.
Zurück zum Wir!
Klimakrise, Pandemie, geopolitische Konflikte, Energiekrise, Extremwetterereignisse, gesellschaftliche Spaltung: Es kommt derzeit so viel zusammen, dass der Begriff „Stapelkrise" versucht, die zunehmende Komplexität und die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Krisen zu beschreiben. Man könnte meinen, die vielen Krisen sind nur Symptome einer tieferliegenden Krise oder der Höhepunkt einer Entfremdung zwischen geistiger, emotionaler, spiritueller, ökologischer und materieller Erfahrung. Manchmal brauchen wir lange, um unsere Fehler zu sehen und bereit zu sein, an ihnen zu arbeiten. Aber dann kann es sehr schnell gehen und wir schaffen es, mit Kreativität, Mut und Liebe, die Dinge wieder ins Lot zu bringen.
Ein Wandel in den Argumentationsketten
Für unsere Gemeinschaft in den Hannoverschen Kassen bedeutet dies ein weites Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten. Lange Zeit haben wir moralisch argumentiert, haben versucht, mit Herz und gesundem Menschenverstand zu verdeutlichen, dass ein auf quantitatives Wachstum ausgelegtes Wirtschaftssystem an Grenzen stoßen muss. Heute zeigen uns weitreichende naturwissenschaftliche Erkenntnisse deutlicher als je zuvor, wie weit wir diese Grenzen bereits überschritten haben. Wir haben belastbare Argumentationsgrundlagen zu den biophysikalischen Belastungsgrenzen unseres Planeten, sei es Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Süßwassermangel oder zunehmende Naturkatastrophen. Nun sprechen Aufsicht und Politik von sogenannten Nachhaltigkeitsrisiken, die Finanz- und Wirtschaftsstabilität beeinträchtigen und fordern, dass sich alle Marktakteure mit der Bewältigung dieser Risiken auseinandersetzen.
Für Versicherungen und Pensionskassen wird die Veranlagung der anvertrauten Gelder weiterhin ein wesentlicher Hebel sein, sich diesen Herausforderungen anzunehmen und zu zeigen, dass wirtschaftliche Gesundheit nicht ohne gesellschaftliche Gesundheit erreicht werden kann. Dialog und Engagement mit den investierten Unternehmen und Projekten, Pilotprojekte, die Solidar-gemeinschaften noch fairer und innovativer denken, positive Beispiele, dass Liebe und Wirtschaft zusammen passen können. All das können wir direkt angehen!
Positive Zukunftsbilder benötigt
Wenn ich an die Zukunft denke, brauche ich Bilder, die mich begeistern und an denen ich in Gemeinschaften arbeiten kann. Es geht um mehr Lebensqualität, mehr Nähe, mehr Achtsamkeit, mehr Natur, mehr Miteinander, mehr Solidarität. Verzichten müssen wir nur auf Egoismen, Gier, Hass und Neid. Das Materielle weicht der Liebe, Glück findet sich in der Gemeinschaft, Menschsein bedeutet Ganzheitlichkeit von Körper, Geist und Seele. Wer hier an Verzicht denkt, sollte sich einlassen, alte Wahrheiten loszulassen. Die Krisen zeigen uns nicht nur unsere Fehler, sie erinnern uns auch an das, was uns wichtig ist und uns als Menschen zusammenbringt. Wenn ich mit dem Herzen sehe, sehe ich eine große Hoffnung auf Bilder einer Zukunft, die wir wollen!
Jan Köpper